Mein erstes Radrennen: GFNY 2017

Am Sonntag habe ich zum ersten Mal an einem Radrennen teilgenommen. Ich bin ja nur Hobbyfahrer und nicht mal in einem Verein angemeldet, so dass ich dazu normalerweise kaum Gelegenheit habe.

Der “Gran Fondo New York” (oder kurz “GFNY”) ist aber eine Rennveranstaltung für jeden, der sich zutraut, eine Strecke von entweder 95 km (Medio Fondo)  oder 164 km (Gran Fondo) zu fahren, über ein entsprechendes Fahrrad verfügt und das Startgeld bezahlen kann.

Die Besonderheit beim GFNY ist, dass das ganze komplett professionell aufgezogen ist. Es gibt ein einheitliches Trikot, Transponder für die Zeitmessung, einen Massenstart, professionelle Fotografen an und auf der komplett gesperrten Strecke und was halt noch so alles zu einem Radrennen dazugehört. So lautet auch das Motto des GFNY: “Be a pro for a day”, und damit wird wirklich nicht zu viel versprochen.

Ich hatte mich bereits vor einem Jahr angemeldet und so die Hälfte der Anmeldegebühr gespart. Zum Fahrradtraining muss ich mich (bei gutem Wetter) eigentlich ohnehin nicht motivieren, aber so ein Abschlussevent zum Ende des Sommers ist noch mal eine gute Gelegenheit, auf einen bestimmten Punkt hin zu trainieren. So bin ich erst vor ein paar Wochen zum ersten Mal im Training über 100 Kilometer (plus neunhundertnochwas Höhenmeter) gefahren und war in letzter Zeit pro Woche etwa drei mal auf dem Rennrad unterwegs. Da ich mich für die kürzere Strecke angemeldet hatte, sollte das an Vorbereitung eigentlich reichen.

Am Freitag holte ich mein Starterset ab, inklusive Trikot, das glücklicherweise einigermaßen passte. Dank Biergartensaison und mangelnder Disziplin habe ich in diesem Sommer ca. 4-5 Kilogramm zugenommen, aber mit Trägershorts und Sportunterhemd ließ sich die Plautze noch halbwegs kaschieren.

Natürlich  – wie könnte es anders sein – begann ein paar Tage vor dem Rennen mein Hals zu kratzen, nachdem Frau und Kind schon einige Zeit vor sich hin rotzten. So war bis Samstagabend noch unklar, ob ich überhaupt würde starten können, nichtsdestotrotz bereitete ich am Samstag mein Fahrrad vor und stellte mir den Wecker auf viertel vor sechs – das Rennen sollte um sieben Uhr in der Frühe starten.

Am nächsten Morgen fühlte ich mich aber fit und gesund genug, zwängte mich in meine Fahrradklamotten und fuhr bei 8 Grad Celsius und dichtem Nebel zum Start, wo ich unter anderem Marc (@mb2day) und noch ein paar andere bekannte Gesichter traf.

Um Punkt Sieben ging’s dann auch los, die Pedale klickten ein, und endlich ging es auf die Strecke, nachdem wir eine Viertelstunde lang in ziemlicher Arschkälte vor uns hin gefroren hatten.

Dafür folgte nun aber auch das mit Abstand Coolste, was ich je bei meinen sportlichen Aktivitäten erlebt habe: Auf dem Rennrad zu sitzen und in einem richtig großen Fahrerfeld unterwegs zu sein.

Mit einer Geschwindigkeit von konstant mehr als 30 km/h fuhren wir von Hameln nach Daspe, durch dichten Nebel. Ohne Brille tränen mir bei solchen Temperaturen schnell die Augen, so dass ich dazu auch noch meine Sonnenbrille trug und außer grünen Trikots um mich herum kaum etwas sehen konnte. So klebten wir uns allen an den Hinterrädern, und weil durch die Windschattenfahrt natürlich kein Fahrtwind herrschte, hörte man im Nebel kaum etwas außer dem Laufgeräusch der Reifen auf der Straße, ein paar Schaltvorgänge und das gelegentliche Bremsen und Freilaufklickern, weil man so schnell vorankam, dass man aufpassen musste, nicht dem Vordermann in die Hacken zu fahren.

Immer wieder ergaben sich Lücken, die andere wiederum schlossen, wodurch die hinterher fahrenden Teilnehmer mitgezogen wurden.

Hochkonzentriert schossen wir durch die kleinen Ortschaften und gaben Handzeichen zur Warnung der hinter uns liegenden Fahrer, wenn wir Hindernisse (parkende Autos, Baustellenampeln, Verkehrsinseln) passierten. Zwischendurch schaute ich kurz auf meine Pulsuhr und sah, dass ich trotz der hohen Geschwindigkeit gerade mal einen Puls von 125 hatte.

Die gesamte halbe Stunde bis zur ersten Steigung war wie ein einziger Rausch. Unfassbar geil. Allein dafür hat sich schon die Teilnahme gelohnt.

Ja, das bin ich. (© sportograf)

Als wir die flache Ebene verließen, zog sich das Feld naturgemäß auseinander, wobei ich immer versuchte, möglichst weit vorne zu bleiben, um später nicht den Rest der Tour komplett alleine fahren zu müssen, eine Strategie, die – im Nachhinein betrachtet – ziemlich gut aufging.

So langsam brach auch immer mal die Sonne durch die Bäume und erzeugte zusammen mit den Nebelschwaden und dampfenden Fahrern sehr coole Fotomotive.

Am Ende des mit 365 Metern größten (doch bei weitem nicht steilsten, wie sich herausstellen sollte) Anstiegs konnte ich an meiner Pulsuhr eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 km/h ablesen, das war schon ganz ordentlich für die bis dahin absolvierten Höhenmeter. 40 Kilometer waren bereits zurückgelegt, und hinter der nächsten Biegung war ein Verpflegungsposten eingerichtet, an dem die FahrerInnen dankbar Apfelstücke und halbe Bananen einwarfen. Noch 55 Kilometer.

Wer hoch fährt, muss auch wieder runterkommen, und so war ich bergab zum Teil mit Spitzengeschwindigkeiten von fast 70 km/h unterwegs – auf gesperrten Strecken kann man das mal machen, ansonsten würde ich das eher nicht empfehlen.

Ich erwischte immer wieder mal Gruppen von Fahrern, denen ich mich anschließen konnte: Unter anderem Briten, Dänen und Holländer, und komplett ohne Worte verständigte man sich, ließ mal den einen, mal den anderen die Gruppe anführen oder hängte sich eine Weile hintendran, um den Windschatten auszunutzen.

Kurz vor dem Ith (Kilometer 65, nochmal ca. 300 Meter hoch) gab es eine weitere Verpflegungsstation, und danach kamen Steigungen, die es wirklich in sich hatten. Zum Teil über längere Strecken auf 13-14% Steigung ging der Puls dann auch schon mal auf 170 hoch.

Manch eine(r) stieg dann sogar ab und schob ein paar Meter. Ich war auch zwei bis drei Mal kurz davor abzusteigen, fuhr dann aber mit letzter Kraft und in Serpentinen auch den letzten Berg hoch, immer wieder kurz vor einem Krampf im linken Oberschenkel, der dann aber doch irgendwie durchhielt.

Geschafft. (© sportograf)

Oben traf ich dann auf eine Fahrerin, deren auf der Startnummer aufgedruckter Name “Jens” mich zunächst verwirrte, es stellte sich jedoch heraus, dass sie den Startplatz ihres kurz zuvor erkrankten Ehemannes übernommen hatte.

Nachdem wir zusammen die fiesesten Berge bewältigt hatten, verständigten wir uns wortlos, dass wir uns den Rest der nun zum Glück flachen Strecke gegenseitig Windschatten spenden würden und fuhren die letzten 5-10 Kilometer zusammen.

Nach 3:33 Stunden (netto, + 10 Minuten Verpflegungspausen) rollten wir dann endlich über die Ziellinie, wo meine Familie schon auf mich wartete. Insgesamt hatte ich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 25-26 km/h, belegte damit Platz 132 von ca. 180 Fahrern, und dafür, dass ich gerade mal seit anderthalb Jahren auf einem Rennrad sitze, bin ich hochzufrieden.

Für alle Teilnehmer gab’s eine Finisher-Medaille, nochmal Apfel- und Bananenstücke und zusätzlich noch ein Gericht vom Imbiss und ein Getränk nach Wahl.

Eine sehr geile Veranstaltung war das.

Und obwohl ich abends dann doch noch einen Krampf im Oberschenkel bekommen habe, habe ich mich gleich am nächsten Tag für das nächste Jahr angemeldet.

Nachtrag:

Gestern bin ich die ganze Strecke nochmal mit dem Motorrad abgefahren – die Schilder und Wegweiser hingen zum Glück noch. Allein das hat 1,5 Stunden gedauert. An manches Teilstück hatte ich keinerlei Erinnerung mehr.

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