Als ich gestern mit zwei Freunden per S-Bahn von Hannover nach Hause fuhr, saß mir ein Anfang-20-jähriger gegenüber, der sich mit seinem Bekannten (der neben mir saß) lautstark darüber unterhielt, welche Karrierelaufbahn er einschlagen wolle.
Eigentlich Examen, aber er wolle erstmal in die USA, das sei total praktisch, wenn man über Dublin einreise, dann hätte man den Einreiseprozess schon dort hinter sich, und dann nur noch nach Los Angeles und von da aus nach Portland, das sei ja ein Katzensprung, total easy, nur halt doof, dass sein Arbeitgeber ihm für’s Examen nicht frei geben würde, da müsste er mal gucken, vielleicht krank feiern oder so, aber man könne ja auch in Frankfurt oder München in eine der Kanzleien einsteigen, das sei nicht das Ding, gerade als Technical Specialist nicht, aber da könne er ja auch gleich in ner Behörde anfangen, neulich jedoch habe er eine “Karrierefrau” getroffen, 33 Jahre, verdient über 120.000 im Jahr, schon ein fettes Gehalt, aber kein Mann, keine Kinder, und dann in einer 2-Zimmer-Wohnung, wo da der Benefit sei, andererseits, dann doch lieber in die Staaten, das politische System sei kein Problem, man wäre da ja dann schließlich als Deutscher, und sein Englisch sei ja absolut einwandfrei.
Meine Mitreisende auf der anderen Seite des Gangs beklagte sich daraufhin in den Waggon hinein, dass der Alkoholkonsum in den Zügen verboten sei und ich pflichtete ihr bei, dass auch ich so langsam einen Schnaps durchaus zu schätzen wisse.
Doch der junge Mann war noch nicht fertig.
Ob er sich auf ‘ne Managementstelle bewerben solle, fragte er sich und seinen Bekannten, der ihm jedoch zusicherte “Mach doch”, und er meinte das auch, schaden könne das ja nicht, und überhaupt, man müsse ja nur kompetent genug sein, zutrauen würde er sich das locker.
Und dann wurden wir Zeugen des denkwürdigsten Satzes dieses Ein-Mann-Wirtschaftswunders, mit dem ihn die Journalisten weltweit, sollte er ihn jemals in ein Mikrofon sprechen, noch jahrzehntelang zitieren werden:
“Ich weiß zwar nicht, was die da machen, aber gib mir zwei Wochen, dann läuft der Laden.”
Dann kam seine Haltestelle, er verabschiedete sich, stieg aus und ging hinaus in die Dunkelheit der von ihm bewohnten 4000-Einwohner-Ortschaft.
Hätte ich gewusst, was für eine zukünftige Spitzenkraft mir da abends in der S-Bahn gegenübersitzt, wahrscheinlich hätte ich mich vorher schicker angezogen.
Wunderbar! Und da Beste daran: Er hat es auf den Punkt gebracht, es braucht ganz offensichtlich keinerlei Qualifikation außer gigantisches Selbstbewusstsein und gut netzwerken zu können, um in Management oder Politik erfolgreich zu sein, wir kriegen es ja täglich vorgemacht. \o/