Warum ich auf der Autobahn 110 km/h fahre

Heute habe ich auf Instagram ein kurzes Video gesehen, das Jens Scholz geteilt hat. Darin erklärt jemand auf einer Bühne, warum es bei hohen Geschwindigkeiten keinen Zeitvorteil mehr bringt, wenn man noch schneller fährt.

Weil ich dieses Reel (wie so oft) nicht wiederfinde und sich viele bereits von Instagram verabschiedet haben, habe ich die Rechnung einfach nochmal zum In-Ruhe-Nachvollziehen aufgestellt.

Nehmen wir mal an, wir wollen mit dem Auto etwa 200 km am Stück fahren. Das ist aus folgenden Gründen für mich eine absolut realistische Strecke.

Mein Auto, ein vollelektrischer Opel Corsa e, hat eine Reichweite von ca. 350 km, also wenn man ihn von 100% Ladung auf 0% herunterfahren würde. Das macht aber niemand.

Auf 100% lädt man möglichst nicht, um den Akku zu schonen, und auf 0% fährt niemand ein E-Auto herunter, weil man es dann abschleppen müsste.1

Meine Wallbox (bzw. der HomeAssistant) beendet die Ladung des Akkus bei ca. 85%, was einer Reichweite von 297,5 km entspricht, und ich habe meine Navi-App so eingestellt, dass sie mir spätestens bei 25% Restladung einen Ladestopp empfiehlt, womit ich noch ca. 87,5 km weiterfahren könnte. Beides voneinander abgezogen  komme ich auf maximal ca. 210 km, die ich am Stück von Ladesäule zu Ladesäule fahre. Der Einfachheit halber gehen wir mal von 200 km aus.

Und jetzt die Rechnung. So viele Minuten braucht man für diese Strecke bei folgenden Durchschnittsgeschwindigkeiten:

100 km/h ist mir auf der Autobahn zu langsam, dann müsste ich ständig zwischen rechter und mittlerer Spur wechseln, weil ich zu schnell für LKW bin, aber zu langsam für den nachfolgenden Verkehr auf der Mittelspur. Außerdem: Irgendeinen Vorteil muss es ja haben, wenn ich schon Autobahn und nicht Bundesstraße fahre.

110 km/h ist also bei meiner Fahrweise etwa der Sweetspot.

Würde ich 120 fahren, käme ich gerade mal 9 Minuten früher an, würde aber deutlich mehr verbrauchen, so dass ich gezwungen wäre, früher an die Ladesäule zu fahren. Bei 150 km/h ist bei meinem Auto eh Feierabend, dann wird abgeregelt, schneller geht es nur noch im freien Fall.

Was man aber deutlich sieht: Die Zeitvorteile werden um jede zusätzliche 10 km/h immer geringer, je höher die bereits erreichte Geschwindigkeit ist.

Um zum Beispiel die gerade genannten 9 Minuten Zeitvorteil herauszuholen, wenn ich bereits 150 km/h fahre (80 Minuten), müsste ich dann schon 170 km/h (also 20 km/h schneller) fahren, um auf 71 Minuten zu kommen.

Und das alles zum Preis von massiv höherem Verbrauch und deutlich höherem Unfallrisiko, hinzu kommt der Stress, den man sich selbst macht und die daraus resultierende Müdigkeit am Ende der Fahrt.

Hier das Ganze nochmal als Diagramm:

Auch hier wird nochmal schön deutlich, dass der Verlauf des Zeitvorteils pro 10 km/h höherer Durchschnittsgeschwindigkeit immer flacher wird.

Und darum stelle ich meist nach einigen Kilometern Autobahn den Tempomaten auf 110 km/h und lasse ihn dort.

  1. Im Gegensatz zu einem E-Bike bzw. Pedelec, mit dem man auch mit leerem Akku weiterfahren kann, weshalb ich diese Reichweitenvergleiche bei Fahrrädern erst recht nicht verstehe. Aber das ist ein anderes Thema. []

Aufgegeben: Wölfe von Hilary Mantel

Nach etwa 50 Seiten habe ich es aufgegeben, „Wölfe“ von Hilary Mantel lesen zu wollen.

Das erste Kapitel war noch vielversprechend, doch dann springt die Autorin mal eben 27 Jahre weiter, in eine Dialogszene, in der völlig unklar ist, wer da mit wem spricht. Mal heißt es „er“, dann „Lordkanzler“, dann „Kardinal“, dann „Wosley“, und ich war völlig verwirrt, bis ich durch zufälliges Aufschlagen des Personenverzeichnisses herausgefunden habe, dass das alles ein und dieselbe Person ist.

Das Gleiche beim Protagonisten, woher soll ich wissen, dass wiederum „er“, Thomas, der nebenbei genannte „Anwalt“ ist, wenn nirgendwo darüber erzählt wird, was er die knapp 30 Jahre davor getrieben hat?

Apropos „Thomas“, gefühlt heißt da jeder so, wie soll man wissen, wer wer ist? Thomas Cromwell, Thomas Wosley, Thomas More, Thomas Winter. Alle werden ohne irgendeine Einordnung bereits im zweiten Kapitel erwähnt.

Ständig tauchen irgendwelche Orte und Personen in wörtlicher Rede auf – sofern diese so gekennzeichnet ist, auch das passiert nicht immer – aber die Bedeutung bleibt völlig unklar.

Gleiches gilt für irgendwelche Begriffe aus dem Kirchenrecht. Bitte mal alle die Hand heben, die ohne Nachzuschlagen wissen, was eine „Dispens“ ist.

Ich will doch nicht erst zehn Wikipedia-Artikel durcharbeiten müssen, damit ich alle Personen und Handlungen geschichtlich zuordnen kann, ich dachte eigentlich immer, davon zu erzählen sei Aufgabe der Autorin.

Gaming unter Linux

TL;DR: Es funktioniert ganz hervorragend.

Weil ich gerade mit einer hartnäckigen Erkältung zu Hause herumhänge, habe ich aus Langeweile (man kann ja nicht immer nur schlafen oder Serien gucken) mal ein paar der alten Spiele ausprobiert, die ich mir damals noch unter Windows gekauft habe.

Ich wollte wissen, ob die auch unter Linux laufen, weil ich u.a. in verschiedenen Artikeln gelesen habe (Oder waren es YouTube-Videos? Egal.), dass das mittlerweile größtenteils ganz gut funktionieren soll. Kurz nach meinem Wechsel zu Linux hatte ich bereits mal „The Witcher III“ ausprobiert, das lief im Prinzip schon out-of-the-box, danach hatte ich aber was anderes zu tun.

Um es kurz zu machen: Das einzige Spiel, das bei mir zwar funktioniert hat, dann aber mittendrin nicht mehr bedienbar war, war „X-Com 2“, alle anderen Spiele, die ich noch in meiner Bibliothek in meinem Steamaccount hatte, liefen völlig ohne Probleme.

Getestet habe ich u.a.:

  • Skyrim
  • Kingdom Come Deliverance
  • The Witcher III
  • U-Boat
  • CyberPunk 2077
  • Stellaris
  • Space Wreck

Ich habe noch ein paar andere Titel in meiner Bibliothek, die ich aber noch nicht getestet habe.

Ob das Spiel auch unter Linux funktioniert, lässt sich im Zweifel in der ProtonDB nachschlagen. Proton ist eine Software, die Spiele, die für Windows entwickelt wurden, auch für Linux lauffähig macht. Für manche Spiele wird empfohlen, eine explizite Proton-Version einzustellen, das kann man aber einfach innerhalb der Steam-Oberfläche für das jeweilige Spiel auswählen. Ich habe mich einfach daran gehalten und nicht mehr weiter drüber nachgedacht, deshalb kann ich auch gerade gar nicht sagen, für welche der oben genannten Spiele ich das gemacht habe.

Weil das so gut funktioniert hat, habe ich dann auch mal gewagt, etwas Geld für ein weiteres Spiel auszugeben, ohne dass ich das vorher unter Windows gespielt hätte. Ich habe mich, weil es nur 20 Euro kostete und stupide genug für meine derzeitige Verfassung ist, für die Neuauflage von „Doom“ entschieden.

Da gab es zum Beispiel Einträge in der ProtonDB, die besagten, dass man Proton 9.0-4 einstellen solle, so sieht das dann aus:

Das habe ich direkt nach der Installation gemacht, das Spiel gestartet, und es lief sofort.

Für alle genannten Spiele gilt übrigens, dass ich die in hoher Auflösung und hoher Qualität laufen lasse, ohne dass da irgendwas für meine müden Augen merklich ruckelt. Mein Rechner ist ein fertig vorkonfigurierter PC mit einem Intel Core-i7-11700 Prozessor und einer Nvidia GeForce RTX 4070.

Heute habe ich dann noch zusätzlich zu Steam den „Heroic Games Launcher“ installiert, den gibt es in der regulären Fedora-Softwarebibliothek, und der ermöglicht, Spiele von Epic oder GOG zu installieren.

Damit lief dann, ohne irgendeine Anpassung vornehmen zu müssen:

  • GTA V (ohne Multiplayer-Unterstützung, dazu gleich mehr)
  • Civilization VI

Auch hier in voller Auflösung und ruckelfrei.

Ich bin eh nicht so der ambitionierte Gamer, daher muss ich auch nicht unbedingt immer das aktuellste Spiel auf dem Rechner haben. Wie ich gelesen habe, ist wohl die größte Einschränkung für Linux-Gaming, dass Multiplayer-Online-Spiele oft nicht laufen, weil da Anti-Cheat-Software drin verbaut ist, die so hohe Systemberechtigungen verlangt, dass Linux das nicht unterstützt. Aber Onlinegames spiele ich grundsätzlich ohnehin nicht, daher macht mir das nichts aus. Wer das braucht, kann aber auch Cloud-Gaming-Plattformen wie Boosteroid oder Geforce Now verwenden.

Fazit: Auch für Computerspiele brauche ich kein Windows mehr.

Update zu Darktable

Nachdem ich vor ca. drei Monaten zu Linux und damit auch zu Darktable für die Fotobearbeitung gewechselt bin, hatte ich nun Gelegenheit, mich in die Software ein wenig einzuarbeiten, indem ich die Fotos „entwickelt“ habe, die ich im Herbsturlaub in Nürnberg und Rothenburg ob der Tauber gemacht habe.

Ich habe an zwei Tagen ca. 100 Fotos gemacht. Weil das immer Bilderserien sind (ich fotografiere ja fremde Personen auf der Straße in Bewegung), sind das vielleicht 20 Motive, davon habe ich bisher 4-5 ausgewählt und veröffentlicht. Und so langsam komme ich immer besser damit zurecht, tatsächlich macht mir die Verarbeitung meiner Fotos in Darktable mittlerweile genauso viel Spaß wie früher mit Lightroom.

Die Lernkurve ist im umgangssprachlichen Sinn ziemlich steil, soll heißen, man muss sich schon darauf einlassen, um Erfolge zu erzielen.1 Bei Lightroom konnte ich mich, wenn ich mal keine Geduld hatte, darauf beschränken, das Bild zurechtzuschneiden, dann wählte ich ein schickes Preset aus, und fertig war das bearbeitete Foto. Was Lightroom da genau gemacht hat? Keine Ahnung.

Bei Darktable muss man zunächst schon ein paar Dinge manuell machen, dafür hat man aber auch irgendwann verstanden, wie sich bestimmte Arbeitsschritte auf das fertige Bild auswirken. Nach ein paar Fotos kommt dann unweigerlich der Wunsch, diese Schritte nicht immer erneut ausführen zu müssen. Wie Lightroom mit seinen Presets hat auch Darktable dafür eine Lösung, diese lassen sich nämlich als Stile speichern und immer wieder abrufen. Das zieht sich durch das gesamte Produkt, jede einzelne Stellschraube lässt sich verändern und – je nach Anwendungsfall – in einer Voreinstellung vorbelegen.

Für den Einstieg reicht es aber schon, sich seine immer wieder verwendeten Module (Belichtung, lokaler Kontrast, Zuschnitt etc.) in eine eigene Registerkarte zu packen, dann muss man nicht immer danach suchen. Da ich ja ohnehin nur Bilder in schwarz-weiß produziere, brauche ich auch gar nicht so viele Module.

Lightroom hatte ein eingebautes interaktives Tutorial (zumindest in der von mir verwendeten Creative Cloud Edition), das gibt es so in Darktable nicht. Dafür gibt es aber zahllose Videos und Anleitungen bei YouTube zu allen möglichen Anwendungsfällen.

Im Prinzip ähnelt sich Darktable in seiner Zugänglichkeit vielen anderen OpenSource-Projekten wie z.B. Linux oder GIMP. Die Produkte sind in aller Regel unfassbar mächtig und strotzen nur so vor Funktionen, die den Einsteiger erstmal erschlagen. Hinzu kommt, dass sie von Nerds entwickelt und designt werden, was man ihnen an manchen Stellen ansieht – das ist im Laufe der Jahre zum Glück besser geworden. Lässt man sich aber darauf ein, wird man belohnt, indem man Hintergründe versteht, Flexibilität und dadurch Unabhängigkeit erreicht.

Meine Darktable-Installation habe ich in den letzten Tagen Schritt für Schritt immer weiter angepasst, so dass sie immer stärker meinen Anforderungen entspricht und nicht so aussieht, wie sich das ein Produktentwickler von Adobe irgendwann mal ausgedacht hat. Gekostet hat mich das Ganze nicht einen einzigen Cent. Die Software ist nicht nur gemietet (so wie Lightroom CC), so dass ich mir sicher sein kann, dass nicht irgendein Businesskasper auf die Idee kommt, die Anwendung oder Teile davon kostenpflichtig zu machen oder mal eben an der Preisschraube zu drehen.

Und das hier bleibt mir auch erspart:

 

 

  1. Ich weiß nie, welche Definition von „Lernkurve“ ich verwenden soll. Im ursprünglichen Sinn wäre diese wohl eher flach, weil zunächst einiges an Zeit vergeht, bis sich ein Lernerfolg einstellt. []