Autor: Lars Reineke
Hundewetter
About time
Warum ich fotografiere
Im Grunde genommen bin ich ein waschechter Drinnie. Nicht den Betrieb stören, und wenn man schonmal unter Menschen muss, möglichst nicht auffallen.
Sobald ich aber die Kamera einschalte, weil ich ein Motiv entdeckt habe, fällt das fast vollständig von mir ab. Ich bin dann so fokussiert, dass ich um mich herum gar nicht registriere, ob mich dabei jemand beobachtet, oder sogar seltsam findet, was ich da mache.
Das Ausblenden der Umgebung geht manchmal so weit, dass ich mich an einer bestimmten Stelle postiere, warte, bis die richtige Person im richtigen Winkel durchs Bild läuft, und dabei gar nicht mitbekomme, dass hinter mir bereits mehrere Personen aus Höflichkeit Schlange stehen, weil sie mir nicht ins Motiv laufen wollen – sie wissen ja nicht, dass sie ggf. das Motiv sein werden.
Mit der Kamera in der Hand gehe ich oft völlig problemlos an dunkle, eher ungemütliche Orte, die ich sonst in der Regel meiden würde. Denn das ist genau die Kulisse, die ich für meine Fotos haben möchte. Das ist insbesondere der Grund, warum ich „mein“ Genre, die Street Fotografie, so liebe: Es gibt keine Ausreden, nicht fotografieren zu gehen. Was bei Landschaftsfotografie jeden Plan zunichte machen würde – zum Beispiel Regenwetter – erzeugt bei der Street Fotografie vielleicht genau die Stimmung, die das Foto am Ende perfekt macht.
Das Versinken in der Tätigkeit ist schon Grund genug, warum ich fotografiere, auch wenn ich manchmal mit leeren Händen zurückkomme bzw. erst zu Hause feststelle, dass das, was im Sucher noch vielversprechend aussah, doch nicht meinen Vorstellungen entspricht. Aber das ist nicht schlimm, das gehört dazu.
Ich will wieder mehr fotografieren. In dem Moment, in dem ich durch den Sucher schaue, werde ich zu einem anderen Menschen: Fokussierter, mutiger, mit weniger Selbstzweifel und weniger gehetzt. Und wenn am Ende mal nichts dabei herauskommt, war ich wenigstens draußen in Bewegung.
Schluss mit Selbstvermessung
Heute habe ich die Verbindung zu meinem Whoop-Band getrennt und meine Mitgliedschaft gekündigt.
Am Anfang war ich noch einigermaßen fasziniert, was man sich mit so einem Armband alles zusammenrechnen lassen kann. Tatsächlich war Whoop das erste Wearable, das ich hatte, was Fahrradfahren (zumindest nach einiger Zeit) korrekt als Aktivität erkannt hat.
Mittlerweile geht mir das Ding aber immer mehr auf die Nerven. Wenn ich mal einen Tag im Homeoffice verbringe und dadurch, dass ich von einem Video-Termin zum nächsten springe, durchaus gestresst bin, dann will ich mir nicht noch nach Feierabend von einer App sagen lassen, dass ich mein Schrittziel nicht erreicht habe.
Und wenn ich nach ’nem aufreibenden Tag nicht gut einschlafen kann und auf eine Schlafdauer von nur 4-5 Stunden komme, ist es auch keine Hilfe, wenn die App mir erzählt, dass ich nicht vollständig erholt bin.
No shit, Sherlock, da wäre ich wohl auch noch selbst drauf gekommen.
Schließlich fing nun auch noch das Armband an zu drücken und gelegentlich leicht zu kratzen, wahrscheinlich, weil es jetzt ab und zu mal kälter wird und ich nicht mehr mit kurzen Ärmeln herumlaufe. Und das kann ich beim besten Willen nicht haben, schon gar nicht nachts.
Eigentlich hat mich das schon länger gestört, nachts irgendwas Enges um mein Handgelenk zu tragen, weil ich auch meine Armbanduhr immer zum Schlafen abnehme.
So richtig nervig war aber, dass mir das Ding gelegentlich Abweichungen vom Durchschnittswert angezeigt hat, ohne dass ich damit irgendwas anfangen konnte.
„Deine Hauttemperatur liegt über deinem normalen Bereich. Gründe für eine erhöhte Hauttemperatur können unter anderem sein:
— Ein Mikroklima, das durch einen Ärmel oder eine externe Wärmequelle während des Schlafs entsteht
— Dein Körper kämpft mit einer Krankheit
— Übermäßige Hitzeeinwirkung
— Eine Veränderung der WHOOP-Position an deinem Körper“
Ja, klasse, entweder habe ich irgendeine Krankheit, Hodenkrebs, Schwangerschaft, Menopause, weiß man nicht. Oder das olle Band ist halt verrutscht, kommt auch vor. Nee, Leute, das sind dann Informationen, auf die ich dankend verzichte.
Das ganze Teil basiert auf einem Abomodell, und ich habe eigentlich erst ein Drittel des inkludierten Jahres rum. Das ist zwar etwas ärgerlich, zumal diese Bänder gebraucht kaum zu verkaufen sind. Aber wenn die Nachteile so deutlich überwiegen und ich keinen echten Nutzen mehr davon habe, ist das eben so.
Jetzt ist Schluss mit der Selbstvermessung. Alle paar Tage auf die Waage muss reichen.


