“American Gods” – Neil Gaiman

Wenn ich für knapp 700 Seiten fast einen ganzen Monat benötige, ist das kein gutes Zeichen.

American Gods habe ich auf Empfehlung gelesen, weil ich damals Neverwhere von Gaiman so toll fand. American Gods ist allerdings erst vor kurzem in der Kindle Edition veröffentlicht worden, weshalb es noch eine ganze Weile auf meiner Zu-lesen-Liste wartete.

Um es vorwegzunehmen: Es hat mir nicht besonders gefallen. Neil Gaiman hat wahnsinnig gute und originelle Ideen, aber spannend ist das ganze nie. Zu Beginn reißt er einen direkt mit, aber dann passiert nichts mehr.

Was mich am meisten stört: Das Buch hat keinen schlüssigen Erzählstrang, nur diese eine Idee “die alten Götter werden von den neuen verdrängt”, und dann machen irgendwelche Leute irgendwas. Warum sie es machen, bleibt völlig unklar, die Handlungen folgen keiner Logik.

Die beiden Protagonisten, Wednesday und Shadow, fahren mal hier mal dorthin, unterhalten sich mit diesem oder jenem, dann geschieht etwas Übernatürliches (oder Shadow träumt irgendwas) und dann trennen sie sich wieder, und eigentlich hätten sie genauso gut mit wem anderes gesprochen haben können, für die Handlung spielt das kaum eine Rolle.

Mal ist Shadow in Lakeside, mal nicht, aber warum er dort ist, ist eigentlich auch egal und dient nur dazu, die Figur Hinzelmann vorzustellen.

Vielleicht bin ich zu ungebildet, um die ganzen Gottheiten zu kennen, und wenn man das Hintergrundwissen hat, freut man sich möglicherweise darüber, wenn man wieder eine erkannt hat, aber alle Nase lang bei Wikipedia nachschlagen zu müssen, wer nun Anansi oder werauchimmer ist oder war, macht das Lesen auch nicht gerade spaßiger.

Wer Filme wegen der beeindruckenden Bilder oder der hintergründigen Dialoge guckt, hat vielleicht auch Freude an diesem Buch, ich wollte eigentlich nur unterhalten werden und wurde – gerade im Vergleich zu “Neverwhere” – ziemlich enttäuscht. Ich gehöre wohl nicht zur Zielgruppe.

Gelesen: Starckarm-Saga von Susan Price

Nachdem ich hier in den letzten Wochen zu 90% von meinen Bemühungen berichtet habe, Gewicht zu verlieren, dachte ich mir, ich streue zur Abwechslung mal ein paar Rezensionen von Büchern ein, die ich in diesem Jahr schon so gelesen habe. Es sind auch ein paar mit Diät-Bezug bei, dann wird der Bruch nicht so heftig.

Es geht los mit:

“Starckarm-Saga” von Susan Price

Ein Technologieunternehmen baut einen Zeittunnel, der an denselben Ort im 16. Jahrhundert führt, erkennt dessen touristisches Potential (“Ferien im England von damals!”) und versucht, die relativ kriegerische Bevölkerung aus der Vergangenheit zur Kooperation zu bewegen, indem es die Menschen mit Aspirin besänftigt und mit heutiger Technik beeindruckt. Dummerweise verliebt sich eine Anthropologin in einen der Krieger von damals, und als dieser im Kampf verwundet wird, beginnt der Konflikt: Lässt man ihn sterben oder rettet ihn mit den Mitteln der Gegenwart?

“Starckarm-Saga” ist eigentlich ein Jugendbuch, und so ist die Story auch nicht sonderlich komplex aufgebaut. Die Protagonistin ist im Wesentlichen zwischen der Brutalität der damaligen Bevölkerung und der dennoch vorhandenen Herzlichkeit hin und her gerissen. Ihr Chef ist selbstverständlich böse, skrupellos und führt sich auf wie ein Hooligan im Streichelzoo. Der Geliebte aus der Vergangenheit wiederum denkt von morgens bis abends an die zu bewahrende Familienehre.

So geht das munter von einer Katastrophe zur nächsten. Viel lernt man dabei nicht, aber die eine oder andere gute Idee ist dabei, außerdem liest sich das Ganze recht flüssig weg. Ganz nett fand ich den Blick von außen auf diese heutzutage allerorten romantisierte Mittelalterwelt.

Das war vielleicht damals alles ursprünglich, mystisch und geheimnisvoll, aber eine Beinwunde bedeutete eben auch meist ein ziemlich jämmerliches und qualvolles Ende des Verletzten. (Exkurs in die Welt der Ernährung: Warum sich Anhänger der Paleo-Diät ernsthaft an einer Ernährungsweise orientieren, die in einer Zeit zu verorten ist, in der die Menschen nicht älter als dreißig Jahre wurden, leuchtet mir auch nicht so richtig ein.)

Und darum zum Abschluss der Buchkritik: Mal wieder “Eure Mütter”.

Harry Rowohlt ist tot

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Quelle: Wikimedia Commons

Harry Rowohlt ist tot.

Als ich ihn vor einigen Jahren auf einer Lesung sah, hatte er gerade eine Operation hinter sich. Er setzte sich an seinen Tisch und amüsierte sich über sich selbst und seine Vergänglichkeit.

Danach folgten die witzigsten Stunden, die ich jemals als Zuschauer in einem Livepublikum erlebt habe.

Harry Rowohlt las und las und erzählte und brummte und las, alles weinte vor Lachen, es wurde irgendwann nach Mitternacht, und er las immer noch, ließ eine Flasche irischen Whiskey im Publikum kreisen – er durfte eigentlich nicht mehr – dann wurde er melancholisch, erzählte noch eine Geschichte von Pooh, dem Bären, hatte nun selber Tränen in den Augen und beschloss, nach fünf Stunden doch langsam mal Feierabend zu machen.

 

“What day is it?”
“It’s today,” squeaked Piglet.
“My favorite day,” said Pooh.

Das ist Thomsen!

Immer, wenn ich im Straßenverkehr sehe, wie sich zwei Streifenwagen begegnen, muss ich an diese eine Szene aus “Das Boot” denken.

Die, in der die U96 bei schwerem Seegang auf ein anderes U-Boot trifft und der Kaleun mit großer Freude erkennt, dass es sich um das Boot seines Freundes Thomsen handelt, im Anschluss jedoch klar wird, dass diese Begegnung aus strategischer Sicht ein Problem ist: Die einzelnen Boote sind offenbar soweit ab von ihrer gewünschten Position, dass sich Lücken auftun, durch die der Feind hindurchschlüpfen kann.

Wenn also in meiner Nähe zwei Streifenwagen aneinander vorbei fahren, denke ich jedes Mal, dass jetzt irgendwoanders die Gelegenheit zum hemmungslosen Ohne-Licht-Fahren, Am-Steuer-Telefonieren und Radfahrer-Abdrängen besteht.

Aber möglicherweise habe ich auch einfach eine ganz falsche Vorstellung von Polizeiarbeit.