Halt. Doch. Mal. Die. Fresse.

Ich guck ja sehr selten Fußball, wenn überhaupt, dann allenfalls, wenn der FC St. Pauli mal auf einem Montagabend auf sport1 oder so zu sehen ist. Ansonsten bin ich der typische Eventfußballfan: EM und WM schaue ich mir an, gerne auch mit mehreren Leuten (die ich persönlich kennen muss, sonst nicht). Bundesliga interessiert mich nicht die Bohne, da kenne ich vielleicht fünf Spielernamen, wenn’s hoch kommt, aber nicht ihre Vereine. Bei der Champions League wüsste ich nicht mal, wie man sich qualifiziert, um da mitzuspielen, und beim DFB-Pokal darf offenbar jeder mal mitmachen, irgendwie so.

So bekomme ich es in aller Regel auch überhaupt nicht mit, wenn mal wieder eine neue Generation von Fußballkommentatoren herangewachsen ist.

Neulich hatte Lukas Podolski offenbar sowas wie seinen Ausstand aus der Nationalmannschaft. Er musste Fußball spielen, hätte er einen Schreibtischjob, gäb’s bei sowas Mettbrötchen und Sekt, aber er ist ja auch noch jung, vielleicht macht er ja noch eine Ausbildung zum Bürokaufmann.

In das Spiel habe ich aber auch nur durch Zufall reingesehen, nachdem eine andere Sendung oder Serienfolge, die die Frau und ich zusammen geguckt hatten, vorbei war. Jedenfalls, worauf ich hinaus wollte: Dieser Kommentator, der ging gar nicht.

DIe Stimme hatte ich vorher noch nie gehört, vielleicht darf bei nicht ganz so wichtigen Spielen auch mal der Nachwuchs ran, aber das war nicht das Problem. Viel schlimmer war, dass dieser junge Mann eine absolute Sprechmaschine war und alles, aber auch absolut alles, minutiös kommentierte und jede Bewegung beschrieb, die ohnehin auf dem Bildschirm zu sehen war.

“Gefährlicher Fehlpass, doch da macht sich ter Stegen[1. Den hatte ich mir seltsamerweise noch gemerkt.] ganz ganz breit, Habeichvergessen schießt, doch der Ball geht mindestens zweimeterfünfzig am Kasten vorbei, und da sehen wir auch Weißichnichtmehr mit seiner Ehefrau auf der Tribüne, weiter geht’s, das Spiel hat noch nicht die Klasse, die man bei einer solchen Begegnung erwarten darf, und der Ball wird weit abgeschlagen, landet bei Weißichdochnicht, der ihn ganz souverän weitergibt an Mirdochegal, doch da geht Wiedereiner dazwischen,” und so ging das die ganze Zeit.

Und ich dachte: “Orrr, das sehe ich doch selber, jetzt sei doch endlich mal ruhig, wenn das die neue Art und Weise ist, wie heutzutage Fußballspiele kommentiert werden, dann raste ich aus, dann brauche ich die nächste WM auch nicht mehr zu gucken, nun sei doch einmal, nur einmal still und lass mich doch mal selber sehen, was da passiert, und wieso hört man eigentlich überhaupt keine Stadionkulisse, das macht doch alles keinen Spaß so, und JETZT HALT DOCH MAL DIE FRESSE, VERDAMMT!”

Und da ist mir dann auch endlich aufgefallen, dass wir ja seit ein paar Wochen einen neuen Fernseher haben, und weil ich auf dem noch nie ein Fußballspiel gesehen hatte, wusste ich nicht, dass die Tonspur auf “Audiobeschreibung für Blinde” eingestellt war. Muss einem doch auch mal einer sagen, sowas.

2 Gedanken zu “Halt. Doch. Mal. Die. Fresse.

  1. Ich fand Deinen Beitrag lustig!
    Wenn es Dich etwas tröstet, ich wusste auch nicht, dass es so eine Funktion gibt. Ich blick da langsam eh nicht mehr durch was die neuen „Smart TVs“ alles können. Letzten Endes will man doch nur ein Fernseher mit dem man fernsehen kann.
    Wenn man natürlich ein entsprechendes Handicap hat (blind oder sehbindert) dann ist es eine tolle Sache.

    Grüße
    Micha

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