Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit und sehe in etwa 50 Meter Entfernung zwei Autos in voller Breite auf dem Radweg stehen. Auf dem Grundstück dahinter finden offenbar größere Bauarbeiten statt.
„Na, klasse, bestimmt gehören die dazu und glauben, nur weil sie den Warnblinker anhaben, können sie stehen, wo sie wollen,“ denke ich mir und fahre kurz vorher runter vom Radweg auf die Straße.
Ich halte neben dem hinteren Wagen, direkt neben der Seitenscheibe des Fahrers, der gerade damit beschäftigt ist, in irgendwelchen Sachen herumzukramen. Er lässt die Scheibe herunter und schaut mich fragend an. So, wie halt jemand guckt, der sich keinerlei Schuld bewusst ist.
Ich mache mein „Muss-ich-dir-das-wirklich-erklären“-Gesicht und sage: „Sie stehen mitten auf dem Radweg.“
Da fängt er an zu lachen, zeigt nach vorne auf den dunklen Passat und antwortet: „Da steht die Polizei. Die haben mich gerade angehalten.“
Oh.
Ich lache ebenfalls, sage: „Ach du Scheiße, ´tschuldigung,“ und fahre weiter. Da wollen wir mal nicht so sein.
Am Sonntag habe ich zum ersten Mal an einem Radrennen teilgenommen. Ich bin ja nur Hobbyfahrer und nicht mal in einem Verein angemeldet, so dass ich dazu normalerweise kaum Gelegenheit habe.
Der „Gran Fondo New York“ (oder kurz „GFNY“) ist aber eine Rennveranstaltung für jeden, der sich zutraut, eine Strecke von entweder 95 km (Medio Fondo) oder 164 km (Gran Fondo) zu fahren, über ein entsprechendes Fahrrad verfügt und das Startgeld bezahlen kann.
Die Besonderheit beim GFNY ist, dass das ganze komplett professionell aufgezogen ist. Es gibt ein einheitliches Trikot, Transponder für die Zeitmessung, einen Massenstart, professionelle Fotografen an und auf der komplett gesperrten Strecke und was halt noch so alles zu einem Radrennen dazugehört. So lautet auch das Motto des GFNY: „Be a pro for a day“, und damit wird wirklich nicht zu viel versprochen.
Ich hatte mich bereits vor einem Jahr angemeldet und so die Hälfte der Anmeldegebühr gespart. Zum Fahrradtraining muss ich mich (bei gutem Wetter) eigentlich ohnehin nicht motivieren, aber so ein Abschlussevent zum Ende des Sommers ist noch mal eine gute Gelegenheit, auf einen bestimmten Punkt hin zu trainieren. So bin ich erst vor ein paar Wochen zum ersten Mal im Training über 100 Kilometer (plus neunhundertnochwas Höhenmeter) gefahren und war in letzter Zeit pro Woche etwa drei mal auf dem Rennrad unterwegs. Da ich mich für die kürzere Strecke angemeldet hatte, sollte das an Vorbereitung eigentlich reichen.
Am Freitag holte ich mein Starterset ab, inklusive Trikot, das glücklicherweise einigermaßen passte. Dank Biergartensaison und mangelnder Disziplin habe ich in diesem Sommer ca. 4-5 Kilogramm zugenommen, aber mit Trägershorts und Sportunterhemd ließ sich die Plautze noch halbwegs kaschieren.
Natürlich – wie könnte es anders sein – begann ein paar Tage vor dem Rennen mein Hals zu kratzen, nachdem Frau und Kind schon einige Zeit vor sich hin rotzten. So war bis Samstagabend noch unklar, ob ich überhaupt würde starten können, nichtsdestotrotz bereitete ich am Samstag mein Fahrrad vor und stellte mir den Wecker auf viertel vor sechs – das Rennen sollte um sieben Uhr in der Frühe starten.
Am nächsten Morgen fühlte ich mich aber fit und gesund genug, zwängte mich in meine Fahrradklamotten und fuhr bei 8 Grad Celsius und dichtem Nebel zum Start, wo ich unter anderem Marc (@mb2day) und noch ein paar andere bekannte Gesichter traf.
Um Punkt Sieben ging’s dann auch los, die Pedale klickten ein, und endlich ging es auf die Strecke, nachdem wir eine Viertelstunde lang in ziemlicher Arschkälte vor uns hin gefroren hatten.
Dafür folgte nun aber auch das mit Abstand Coolste, was ich je bei meinen sportlichen Aktivitäten erlebt habe: Auf dem Rennrad zu sitzen und in einem richtig großen Fahrerfeld unterwegs zu sein.
Mit einer Geschwindigkeit von konstant mehr als 30 km/h fuhren wir von Hameln nach Daspe, durch dichten Nebel. Ohne Brille tränen mir bei solchen Temperaturen schnell die Augen, so dass ich dazu auch noch meine Sonnenbrille trug und außer grünen Trikots um mich herum kaum etwas sehen konnte. So klebten wir uns allen an den Hinterrädern, und weil durch die Windschattenfahrt natürlich kein Fahrtwind herrschte, hörte man im Nebel kaum etwas außer dem Laufgeräusch der Reifen auf der Straße, ein paar Schaltvorgänge und das gelegentliche Bremsen und Freilaufklickern, weil man so schnell vorankam, dass man aufpassen musste, nicht dem Vordermann in die Hacken zu fahren.
Immer wieder ergaben sich Lücken, die andere wiederum schlossen, wodurch die hinterher fahrenden Teilnehmer mitgezogen wurden.
Hochkonzentriert schossen wir durch die kleinen Ortschaften und gaben Handzeichen zur Warnung der hinter uns liegenden Fahrer, wenn wir Hindernisse (parkende Autos, Baustellenampeln, Verkehrsinseln) passierten. Zwischendurch schaute ich kurz auf meine Pulsuhr und sah, dass ich trotz der hohen Geschwindigkeit gerade mal einen Puls von 125 hatte.
Die gesamte halbe Stunde bis zur ersten Steigung war wie ein einziger Rausch. Unfassbar geil. Allein dafür hat sich schon die Teilnahme gelohnt.
Als wir die flache Ebene verließen, zog sich das Feld naturgemäß auseinander, wobei ich immer versuchte, möglichst weit vorne zu bleiben, um später nicht den Rest der Tour komplett alleine fahren zu müssen, eine Strategie, die – im Nachhinein betrachtet – ziemlich gut aufging.
So langsam brach auch immer mal die Sonne durch die Bäume und erzeugte zusammen mit den Nebelschwaden und dampfenden Fahrern sehr coole Fotomotive.
Am Ende des mit 365 Metern größten (doch bei weitem nicht steilsten, wie sich herausstellen sollte) Anstiegs konnte ich an meiner Pulsuhr eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 km/h ablesen, das war schon ganz ordentlich für die bis dahin absolvierten Höhenmeter. 40 Kilometer waren bereits zurückgelegt, und hinter der nächsten Biegung war ein Verpflegungsposten eingerichtet, an dem die FahrerInnen dankbar Apfelstücke und halbe Bananen einwarfen. Noch 55 Kilometer.
Wer hoch fährt, muss auch wieder runterkommen, und so war ich bergab zum Teil mit Spitzengeschwindigkeiten von fast 70 km/h unterwegs – auf gesperrten Strecken kann man das mal machen, ansonsten würde ich das eher nicht empfehlen.
Ich erwischte immer wieder mal Gruppen von Fahrern, denen ich mich anschließen konnte: Unter anderem Briten, Dänen und Holländer, und komplett ohne Worte verständigte man sich, ließ mal den einen, mal den anderen die Gruppe anführen oder hängte sich eine Weile hintendran, um den Windschatten auszunutzen.
Kurz vor dem Ith (Kilometer 65, nochmal ca. 300 Meter hoch) gab es eine weitere Verpflegungsstation, und danach kamen Steigungen, die es wirklich in sich hatten. Zum Teil über längere Strecken auf 13-14% Steigung ging der Puls dann auch schon mal auf 170 hoch.
Manch eine(r) stieg dann sogar ab und schob ein paar Meter. Ich war auch zwei bis drei Mal kurz davor abzusteigen, fuhr dann aber mit letzter Kraft und in Serpentinen auch den letzten Berg hoch, immer wieder kurz vor einem Krampf im linken Oberschenkel, der dann aber doch irgendwie durchhielt.
Oben traf ich dann auf eine Fahrerin, deren auf der Startnummer aufgedruckter Name „Jens“ mich zunächst verwirrte, es stellte sich jedoch heraus, dass sie den Startplatz ihres kurz zuvor erkrankten Ehemannes übernommen hatte.
Nachdem wir zusammen die fiesesten Berge bewältigt hatten, verständigten wir uns wortlos, dass wir uns den Rest der nun zum Glück flachen Strecke gegenseitig Windschatten spenden würden und fuhren die letzten 5-10 Kilometer zusammen.
Nach 3:33 Stunden (netto, + 10 Minuten Verpflegungspausen) rollten wir dann endlich über die Ziellinie, wo meine Familie schon auf mich wartete. Insgesamt hatte ich eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 25-26 km/h, belegte damit Platz 132 von ca. 180 Fahrern, und dafür, dass ich gerade mal seit anderthalb Jahren auf einem Rennrad sitze, bin ich hochzufrieden.
Für alle Teilnehmer gab’s eine Finisher-Medaille, nochmal Apfel- und Bananenstücke und zusätzlich noch ein Gericht vom Imbiss und ein Getränk nach Wahl.
Eine sehr geile Veranstaltung war das.
Und obwohl ich abends dann doch noch einen Krampf im Oberschenkel bekommen habe, habe ich mich gleich am nächsten Tag für das nächste Jahr angemeldet.
Nachtrag:
Gestern bin ich die ganze Strecke nochmal mit dem Motorrad abgefahren – die Schilder und Wegweiser hingen zum Glück noch. Allein das hat 1,5 Stunden gedauert. An manches Teilstück hatte ich keinerlei Erinnerung mehr.
Wenn ich andere Blogs so verfolge, frage ich mich manchmal, woher um mich herum alle die Zeit nehmen, jeden Monat fünf bis sechs Bücher zu lesen.
Ich habe mir daher bei der diesjährigen Goodreads-Lesechallenge kleinere Ziele gesteckt und mir erstmal für jeden Monat ein Buch vorgenommen, also insgesamt 12 für 2017. Im Juli war ich dann mit dem zwölften Buch durch. Mittlerweile sind es 14, und auf dem Stapel der zu lesenden Bücher liegt auch noch so einiges herum. Ich scheine mich offenbar gerade in einer Phase mit höherem Lesedurchsatz zu befinden, das muss ich mal ausnutzen.
Ich habe mal gehört oder gelesen, der größte Fehler beim Buchkauf sei, dass man sich einbilde, man würde sich zu den Büchern die Zeit zum Lesen mit dazukaufen. Was mich natürlich nicht daran hindert, den Fehler trotzdem immer wieder zu begehen.
Wie auch immer: Es waren nicht alles Romane, auch zwei bis drei Sachbücher waren dabei, aber das Genre war ja auch nicht im Voraus festgelegt. Einige der gelesenen Bücher haben mich allerdings so begeistert und andere wiederum extrem enttäuscht, dass ich mir in der Zwischenzeit vorgenommen habe, mal ein paar Rezensionen dazu zu schreiben.
Hier also erstmal der Überblick, die Rezensionen kommen dann peu à peu in den nächsten Tagen oder so.
Für diejenigen, die es nicht kennen: Goodreads ist eine Literaturcommunity, leider mit eher englischsprachigem Schwerpunkt. Nichtsdestotrotz stoße ich dort immer wieder auf wertvolle Anregungen, was als nächstes zu lesen sei. Wer mag, kann mich dort gerne besuchen.
Gestern fand im Weserbergland wieder das sogenannte „Felgenfest“ statt, bei dem auf einer Strecke von Bodenwerder bis Rinteln (ca. 50 km) entlang der Weser die Landstraße autofrei und für Radfahrer und Inliner freigegeben ist.
Ich habe auch dieses Jahr wieder zwei Mal die Gelegenheit genutzt. Einmal gleich frühmorgens und noch vor der Streckensperrung mit dem Rennrad nach Rinteln, so dass ich auf dem Rückweg auf der Straße fahren konnte. Mittags sind wir dann in einer Gruppe zusammen nach Emmerthal und zurück gefahren.[1.Die Ortsnamen werden vermutlich nur Menschen aus der Region etwas sagen, aber wozu gibt’s Google Maps?]
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Einigermaßen unentspannt scheint die Gattung der Inlineskater zu sein, aber das ist nur eine anekdotische Beobachtung von mir. Am Ortseingang Tündern hielt meine Tochter an einer Fahrbahnverengung, und ich habe sie nicht schnell genug zur Weiterfahrt animieren können. Ist halt manchmal so, wenn man mit Vorschulkindern unterwegs ist.
Dort kam uns dann allerdings eine Gruppe Inlineskater entgegen, die – anstatt das Tempo an die Engstelle anzupassen – trillerpfeifend und ungebremst versucht hat, sich den Weg frei zu lärmen, woraufhin sie sich dann auch ein allseitiges „Ihr seid hier nicht alleine, ihr Schwachköpfe“ anhören durfte.
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Ähnlich grenzdebil war ein anderes Inliner-Pärchen drauf. Wir machten kurze Pause abseits der Straße auf dem angrenzenden Radweg. Auf dem war jedoch eben dieses Inline-Pärchen unterwegs und bellte uns dann auch gleich ein „Platz machen!“ entgegen, was ich mit einem „Nö. Fahrt gefälligst langsamer.“ beantwortete.
Auf unsere Frage, wieso sie überhaupt auf dem Radweg unterwegs sind, wenn doch die mehrere Meter breite Straße extra für sie freigehalten ist, wussten sie dann auch folgerichtig keine Antwort.
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Deutlich entspannter war die Polizei, die überall auf der Strecke die Kreuzungen gesichert hat. Alle freundlich und hilfsbereit, vor allem die Polizistinnen. Wenn ich daran denke, was für schlechtgelaunte Schnauzbartträger das früher oft bei der Polizei waren…
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Niemand sollte jemals wieder den Song „Mustang Sally“ in der Commitments-Version covern. Wirklich niemand.
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Es sollte grundsätzlich mehr autofreie Sonntage in allen möglichen Städten geben. Aber wenn die Stickoxid-Betrügereien der Autohersteller so weitergehen, ist das wahrscheinlich ohnehin nur noch eine Frage der Zeit, bis so etwas mehr Befürworter findet.
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63.000 Teilnehmer waren es wieder. Soweit man blicken konnte: Sich miteinander unterhaltende, nebenher fahrende Radler mit überwiegend guter Laune, die stressfrei auf den Straßen unterwegs waren. Man stelle sich vor, diese 63.000 Menschen hätten alle mit dem Auto da langfahren wollen. Wahrscheinlich wäre der Verkehr komplett zusammengebrochen, und sie hätten sich alle gegenseitig die Pest an den Hals gewünscht.
Ansonsten: Wie immer eine gelungene Veranstaltung.
Ich habe das Glück, einen nicht besonders langen Arbeitsweg zu haben, aber hin und wieder muss ich auf Dienstreise, fahre auswärts auf Konzerte (und abends wieder zurück), oder es gibt andere Situationen, bei denen ich irgendwo unterwegs bin und gelegentlich gerne vor Ort ein Fahrrad dabei hätte.
Bling!
So reifte langsam aber sicher die Idee, mir ein Faltrad zuzulegen. Erstmal nur ein Einsteigermodell, aber auch keinen billigen Supermarktschrott. Ein Brompton war mir zu teuer, dafür wären die Einsätze dann wohl doch nicht häufig genug, aber die Modelle asiatischer Hersteller wie Tern oder Dahon sahen vielversprechend aus. Nachdem ich nun also schon ein paar Wochen sozusagen virtuell um ein solches Gefährt herumscharwenzelt bin, habe ich es vergangenen Mittwoch wahr gemacht und mir eines gekauft: Ein Tern Link C8.
Zunächst wollte ich es aber erstmal probefahren, nicht, dass ich dafür ein paar hundert Euro ausgebe und das Ganze hinterher aussieht wie ein Krusty-der-Clown-Stunt.
War aber gar nicht so schlimm. Klar, man muss ein paar Abstriche in der Ästhetik machen, aber beim Fahrgefühl gibt‘s nichts zu meckern, und mit der 8-Gang-Schaltung ist man ruckzuck auf der gleichen Endgeschwindigkeit, die auch ein durchschnittlicher Cityrad-Fahrer so zuwege bringt.
Das Rad ist ziemlich durchdacht, abgesehen davon, dass man aus mir unerfindlichen Gründen zwar einen Frontscheinwerfer mit Nabendynamo verbaut hat, sich bei der Rückleuchte aber für ein batteriebetriebenes Modell entschieden hat – obwohl am Scheinwerfer bereits alle Kontakte für die Verkabelung eines Rücklichtes vorhanden sind. Ich habe mir daher für 8 Euro noch ein vernünftiges Rück- inklusive Standlicht zugelegt und am Wochenende montiert.
Klischees wollen auch bedient werden.
Im Zuge meiner Recherche rund um Falträder und ihre Anwendungszwecke bin ich nebenbei zufällig noch auf das Buch „Bicycle Diaries“ von David Byrne gestoßen.
Ja, genau dem David Byrne, der vor 30 Jahren bei Talking Head „Road to Nowhere“ sang, auf seinen Reisen schon damals immer ein Klapp- bzw. Faltrad dabei hatte und die Auftrittsorte eben damit erkundet und später in genau diesem Buch beschrieben hat. Das musste ich natürlich auch noch haben, zumal es für weniger als 2 Euro gebunden bei Amazon verkauft wird. (War wohl nicht so der Bestseller. Doch zum Buch vielleicht ein andermal.)
Wie sich nämlich herausstellt, ist so ein Faltrad hervorragend geeignet, Probleme zu lösen, die ich bisher eigentlich gar nicht hatte. Und das meine ich durchaus im sehr positiven Sinne.
Denn ich entschied mich – eingestimmt und ganz im Geiste von Mr. Byrne – am Sonntag dazu, das Rad mal einem Reisetest zu unterziehen und fuhr damit mehr oder weniger spontan zum Bahnhof. Ich setzte mich in die S-Bahn und fuhr nach Hannover, einerseits, weil dort die – retrospektiv betrachtet – recht lieblose Aktion „Lust aufs Rad“ stattfand, die sich als Vorwand entpuppte, einen verkaufsoffenen Sonntag abzuhalten und ansonsten nur ein paar Stände mit den üblichen Verdächtigen bot, die ein paar Flyer und ausgerechnet Fahrradhelme unters Volk brachten.
Andererseits aber wollte ich tatsächlich einfach mal die Gelegenheit nutzen, um mir Hannover vom Fahrrad aus anzusehen.
Dazu muss man wissen, dass ich zwar schon sehr häufig in Hannover, dort jedoch meistens per ÖPNV oder manchmal mit dem Auto unterwegs war. Gerade ersteres führt oft dazu, dass man im jeweiligen Stadtteil ankommt, als sei man direkt dort hingebeamt worden. Man steigt im Hauptbahnhof in die unterirdisch abfahrende Stadtbahn, und weil man selbst mit dem Vorankommen und der Navigation nichts zu tun hat, wartet man wie in einem Aufzug, bis die Zielhaltestelle aufgerufen wird, steigt aus und ist plötzlich einfach da.
Wie man dort hingekommen ist, welche Straßen man über- oder unterquert hat, welche Stadtteile durchfahren: Keine Ahnung.
Oft gibt es bei der Stadtbahn auch zwischen zwei eigentlich benachbarten Stadtteilen keine direkte Verbindung, so dass man von A nach B über zentrale Knotenpunkte fährt und die Nachbarschaft beider Stadtviertel gar nicht wahrnimmt.
Im Auto ist man wiederum ebenfalls von der Umwelt abgeschlossen und zudem noch damit beschäftigt, rechtzeitig Spuren auf innerstädtischen Hauptverkehrsadern zu wechseln, keine Ampelblitzer auszulösen, im Stau nicht zu dicht aufzufahren oder damit, einen Parkplatz zu suchen.
Mit dem Rad unterwegs, fing ich jedoch plötzlich an, die Zusammenhänge zwischen Stadtteilen zu kapieren. Ich ließ mich grob von einem Fahrradnavi leiten und machte mich einfach mal innerhalb Hannovers auf den Weg zu verschiedenen Orten, die ich in der Vergangenheit bereits besucht hatte.
Es war eine Offenbarung.
via OpenRouteService
Ständig bog ich um die Ecke und dachte plötzlich: „Hier war ich doch schon mal.“, „So hängt das also zusammen.“, „Das ist ja nur ein paar hundert Meter voneinander entfernt!“ oder „Ach, wenn man hier langfährt, kommt man direkt dorthin, wo ich sonst immer über diese eine Haltestelle gefahren bin.“
Assoziierte ich das „Link“ in der Modellbezeichnung des Faltrades bisher mit der eher technischen Verknüpfung oder Verbindung unterschiedlicher Verkehrsmittel, so erwies sich dieses kleine Gefährt als ideales Werkzeug, um die Verbindungen und Verknüpfungen verschiedener Stadtteile zu entdecken, die eine etwas größere Stadt wie Hannover ausmachen.
Wo immer ich etwas Interessantes sah, hielt ich kurz an, um es mir anzuschauen und vielleicht ein Foto zu machen. Macht das mal vom Auto aus.
Ich fuhr zu Konzertstätten, die ich kürzlich noch besucht hatte, radelte am früheren Wohnort eines Freundes vorbei, fuhr an kleinen Flüssen entlang, dann wiederum in die Gegend, wo ein anderer Freund früher mal lebte, darauf zum Maschsee und schließlich nicht zurück zum Hauptbahnhof, wo ich zuvor ausgestiegen war, sondern zu ein, zwei S-Bahn-Haltestellen weiter im Süden, einfach, weil ich Lust dazu hatte und so auch noch 2 Euro für die Rückfahrt sparte.
Zum ersten Mal begann ich, zumindest in ihrem Grundriss die Stadt zu verstehen, in der ich bisher mehr oder weniger nur zu einem flüchtigen Besuch war und mir wie ausgesetzt vorkam. Insgesamt legte ich fast 20 Kilometer in Hannover zurück, stand nie im Stau und habe gar nicht mitbekommen, wie lange ich unterwegs war, so viel Spaß hat das gemacht.
Eines ist schon mal sicher: Das war nicht die letzte Städtereise, die ich mit dem Faltrad unternehmen werde. Berlin, Hamburg und Bielefeld stehen wahrscheinlich als Nächstes auf dem Programm. Dann vielleicht Bremen, Braunschweig oder Göttingen. Und nach Hannover fahre ich bestimmt auch noch mal.