Gestern habe ich mein Motorrad verkauft. Darüber nachgedacht habe ich schon länger immer wieder, aber jetzt war’s dann endgültig soweit. Ich war mit der Maschine stets zufrieden, daran lag’s nicht, aber irgendwie hat mich das Moppedfahren kaum noch gereizt.
Gründe dafür gibt’s etliche, ich versuche mal, aufzuführen, was mich dazu bewogen hat.
Zunächst mal bin ich immer seltener überhaupt damit gefahren. Gekauft hatte ich sie Ende 2014, etwa ein halbes Jahr, nachdem ich den Motorradführerschein gemacht habe. Damals war ich unter anderem mit einer Gruppe anderer Fahrer*innen unterwegs, die im weitesten Sinne aus meinem Arbeitsumfeld kamen. Diese Gruppe traf sich ein, zwei Saisons lang recht regelmäßig, um gemeinsame Ausfahrten zu unternehmen, und das hat auch wirklich Spaß gemacht. Durch Fluktuation und andere Gründe löste sich das dann leider irgendwann wieder auf. Alleine Motorradfahren war mir nach einer Weile aber zu langweilig.
Eine neue Gruppe für Ausfahrten zu suchen, habe ich gelegentlich probiert, aber da wird dann mangels anderer Gemeinsamkeiten gerne mal am Ziel stundenlang nur übers Motorradfahren geredet, das ist mir thematisch dann auch irgendwie zu dünn, tut mir leid, da bin ich nicht der Typ für.
Alleine fahren war mir manchmal auch einfach zu unsicher. Ab und zu gab es schon mal Begebenheiten, die zum Beispiel aufgrund schlechter Straßenverhältnisse dazu führten, dass ich für ein bis zwei Meter nicht wirklich die volle Kontrolle über die Maschine hatte. Ich war kein Raser, ganz im Gegenteil, aber ein bisschen nasses Laub oder ein paar Schlaglöcher reichen da schon. Hinterher dachte ich immer: “Wenn das jetzt schiefgegangen wäre, lägst du jetzt alleine irgendwo im Wald und würdest vor dich hin bluten.”
Dann das Wetter. Bei Regen oder Kälte hatte ich keine Lust zu fahren, zu warm durfte es aber auch nicht sein, da geht man im Motorradkombi kaputt. Also fuhr ich die letzten Jahre praktisch nur noch von März bis Mai und dann wieder von September bis Oktober. Wenn die Temperaturen optimal fürs Motorradfahren waren, waren sie’s auch zugleich für’s Rennrad, und das hat mir meistens mehr Spaß gemacht.
Schließlich setzte ich mich also höchstens mal nach Feierabend für ein bis zwei Stunden aufs Mopped, fuhr die Strecken, die ich ohnehin schon kannte, trank irgendwo einen Kaffee und fuhr wieder zurück. Meh.
Letztlich bin ich in den vergangenen drei Jahren nicht mal 2500 Kilometer gefahren, in manchen Jahren bin ich mit dem Rennrad weiter unterwegs gewesen als mit dem Motorrad.
Im September hätte jetzt die Hauptuntersuchung angestanden, eine Inspektion wäre auch mal wieder fällig geworden, Helme sollte man angeblich auch hin und wieder austauschen, und all das war mir dann zu viel.
Außerdem schlug dann auch noch immer wieder mein ökologisches Gewissen an. Verbrennungsmotoren zu fahren ist eh schon in meinen Augen mittlerweile höchst fragwürdig, das dann aber auch noch nur und ausschließlich zum Spaß zu machen, war dann doch etwas, was mich immer mehr an der Sache gestört hat.
Also habe ich einen nahegelegenen Händler für gebrauchte Motorräder kontaktiert, und wir waren uns schnell einig. Gestern kam er vorbei, und nun bin ich kein Motorradfahrer mehr.
Das fühlt sich schon erstmal etwas komisch an, denn der Begriff “Motorradfahrer” ist für mich in der ganzen Zeit auf eine gewisse Weise identitätsstiftend gewesen. Aber das geht auch wieder vorbei.
Klar, statt in der Garage herumzustehen, wird sie nun bald von irgendjemand anderem gefahren werden, was der Ökobilanz meiner Verkaufsentscheidung einen gewissen Dämpfer verpasst, aber auf der anderen Seite hätte sich die Person, die meine Maschine kaufen wird, ja ohnehin ein Motorrad gekauft, also warum dann nicht meins? Nur aus ökologischen Gründen kann ich die Karre ja schlecht einschmelzen lassen.
Außerdem habe ich das Geld aus dem Verkauf direkt dazu verwendet, mir ein Vanmoof Electrified S3 zu bestellen. Ich brauche nicht zwingend ein Pedelec, aber es gab immer wieder mal Situationen, in denen ich manche Strecken mit dem Auto zurückgelegt habe, weil sie mir mit dem Rad dann doch zu weit, zu unbequem oder zu hügelig gewesen wären. Manchmal war ich auch einfach nur zu faul. Jetzt habe ich ein umweltschädliches Verkehrsmittel weniger und (bald) ein umweltfreundliches mehr.
Und zu guter Letzt: Ich bin mit dem Motorrad insgesamt ca. 16.000 Kilometer gefahren. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von etwa 2,2 Tonnen. Die habe ich bei Atmosfair eingegeben und mit einer Zahlung von 50 Euro kompensiert.