9. Juli 2020 – nachmittags

Ich bin der Empfehlung von Max Buddenbohm gefolgt und habe mir ebenfalls den Essay von Jonathan Franzen “Wann hören wir endlich auf, uns etwas vorzumachen? Gestehen wir uns ein, dass wir die Klimakatastrophe nicht aufhalten können” angehört (Spotify-Link).

So pessimistisch der Titel auch klingt, kann ich Franzens Argumentation doch in Teilen folgen. Mir gefiel vor allem, dass er daraus nicht folgert, dass jetzt eh alles scheißegal sei, sondern dass ganz im Gegenteil die Alles-oder-Nichts-Haltung viel eher dazu geeignet ist, die Hoffnung und den Tatendrang von Klimaaktivisten zu zerstören.

Ich erlebe zumindest in meinem Ehrenamt als Fahrradbeauftragter immer wieder Radaktivisten, die zum Beispiel Vorschläge der städtischen Verkehrsplaner (die nunmal auch den Autoverkehr im Blick haben müssen) vom Tisch wischen, weil diese nicht weitreichend genug seien. Das mag schon richtig sein, aber bevor ich erst in 15 Jahren eine 3 Meter breite superausgebaute Fahrradspur bekomme, nehme ich jetzt lieber die 1,50 Meter Radfahrstreifen,  wo vorher gar keine Infrastruktur war.

Und selbst, wenn wir die Kurve nicht mehr kriegen sollten (wovon Franzen ausgeht) sind Klimaschutzmaßnahmen ja trotzdem nicht nur sinnvoll, sondern haben das Potential, auch die Gesellschaft zum Positiven zu verändern.

So ist die Lebensqualität in Städten, die nicht mehr alles aufs Auto ausrichten, sondern dem Fuß- und Radverkehr mehr Platz einräumen, deutlich höher – Klimawandel hin oder her. Dass sich damit sogar Wahlen gewinnen lassen, weil die Menschen einfach keine Lust mehr auf den bisherigen Lebensstil haben, kommt auch noch hinzu.

Und schließlich bedeutet ein Wechsel im Konsum-, im Ernährungs- und im Mobilitätsverhalten nicht zwangsläufig Verzicht, sondern kann im Gegenteil ein großer Gewinn sein. Man darf halt nur nicht den Anspruch haben, so die Welt retten zu können.

9. Juli 2020 – mittags

Mein Motorrad, das ich ja nun verkauft habe, hatte ursprünglich eine andere Frontscheibe. Die war relativ niedrig, was dazu führte, dass ich mit dem Helm so ungünstig im Fahrtwind hing, dass es mir aufrecht sitzend den Kopf hin- und hergerüttelt hat. Sehr unangenehm.

Also bestellte ich so bald wie möglich eine Frontscheibe, an der ein Spoiler befestigt war. Der bricht den Luftstrom, und der Wind rauscht gleichmäßig am Helm vorbei.

Zum Verkauf wollte ich aber auf jeden Fall die Originalscheibe beilegen, manche Käufer bestehen darauf.

Ich durchsuchte also den kompletten Keller, alle Regale, sämtliche Kartons. Wo war natürlich die Scheibe? Im letzten Karton, war ja klar. Und was finde ich in einem der Kartons? Eine Tastatur. Aber nicht irgendeine, sondern tatsächlich eine IBM Model M, also genau so eine, wie ich sie erst vor wenigen Wochen bei eBay gekauft hatte.

An der Tastatur war rechts unten ein Stück abgebrochen, aber das steckte noch im Gehäuse, und ich konnte es mit Sekundenkleber relativ passgenau wieder befestigen. Offenbar stammte die Tastatur noch aus einer Zeit, in der ich noch geraucht habe, jedenfalls sahen die Tasten ziemlich danach aus.

Da eine Model M aber abnehmbare Tastenkappen hat, musste ich einfach nur mal alle Tasten abziehen, in Spülwasser reinigen und wieder draufsetzen.

Und siehe da: Die Tastatur ist wieder tiptop in Ordnung, funktioniert einwandfrei und ist gut eingeschrieben.

Jetzt habe ich also vier davon. Ich denke, das sollte – solange die Anschlüsse irgendwie kompatibel bleiben – bis zu meinem Lebensende reichen.

Ich bin kein Motorradfahrer mehr

Gestern habe ich mein Motorrad verkauft. Darüber nachgedacht habe ich schon länger immer wieder, aber jetzt war’s dann endgültig soweit. Ich war mit der Maschine stets zufrieden, daran lag’s nicht, aber irgendwie hat mich das Moppedfahren kaum noch gereizt.

Gründe dafür gibt’s etliche, ich versuche mal, aufzuführen, was mich dazu bewogen hat.

Zunächst mal bin ich immer seltener überhaupt damit gefahren. Gekauft hatte ich sie Ende 2014, etwa ein halbes Jahr, nachdem ich den Motorradführerschein gemacht habe. Damals war ich unter anderem mit einer Gruppe anderer Fahrer*innen unterwegs, die im weitesten Sinne aus meinem Arbeitsumfeld kamen. Diese Gruppe traf sich ein, zwei Saisons lang recht regelmäßig, um gemeinsame Ausfahrten zu unternehmen, und das hat auch wirklich Spaß gemacht. Durch Fluktuation und andere Gründe löste sich das dann leider irgendwann wieder auf. Alleine Motorradfahren war mir nach einer Weile aber zu langweilig.

Eine neue Gruppe für Ausfahrten zu suchen, habe ich gelegentlich probiert, aber da wird dann mangels anderer Gemeinsamkeiten gerne mal am Ziel stundenlang nur übers Motorradfahren geredet, das ist mir thematisch dann auch irgendwie zu dünn, tut mir leid, da bin ich nicht der Typ für.

Alleine fahren war mir manchmal auch einfach zu unsicher. Ab und zu gab es schon mal Begebenheiten, die zum Beispiel aufgrund schlechter Straßenverhältnisse dazu führten, dass ich für ein bis zwei Meter nicht wirklich die volle Kontrolle über die Maschine hatte. Ich war kein Raser, ganz im Gegenteil, aber ein bisschen nasses Laub oder ein paar Schlaglöcher reichen da schon. Hinterher dachte ich immer: “Wenn das jetzt schiefgegangen wäre, lägst du jetzt alleine irgendwo im Wald und würdest vor dich hin bluten.”

Dann das Wetter. Bei Regen oder Kälte hatte ich keine Lust zu fahren, zu warm durfte es aber auch nicht sein, da geht man im Motorradkombi kaputt. Also fuhr ich die letzten Jahre praktisch nur noch von März bis Mai und dann wieder von September bis Oktober. Wenn die Temperaturen optimal fürs Motorradfahren waren, waren sie’s auch zugleich für’s Rennrad, und das hat mir meistens mehr Spaß gemacht.

Schließlich setzte ich mich also höchstens mal nach Feierabend für ein bis zwei Stunden aufs Mopped, fuhr die Strecken, die ich ohnehin schon kannte, trank irgendwo einen Kaffee und fuhr wieder zurück. Meh.

Letztlich bin ich in den vergangenen drei Jahren nicht mal 2500 Kilometer gefahren, in manchen Jahren bin ich mit dem Rennrad weiter unterwegs gewesen als mit dem Motorrad.

Im September hätte jetzt die Hauptuntersuchung angestanden, eine Inspektion wäre auch mal wieder fällig geworden, Helme sollte man angeblich auch hin und wieder austauschen, und all das war mir dann zu viel.

Außerdem schlug dann auch noch immer wieder mein ökologisches Gewissen an. Verbrennungsmotoren zu fahren ist eh schon in meinen Augen mittlerweile höchst fragwürdig, das dann aber auch noch nur und ausschließlich zum Spaß zu machen, war dann doch etwas, was mich immer mehr an der Sache gestört hat.

Also habe ich einen nahegelegenen Händler für gebrauchte Motorräder kontaktiert, und wir waren uns schnell einig. Gestern kam er vorbei, und nun bin ich kein Motorradfahrer mehr.

Das fühlt sich schon erstmal etwas komisch an, denn der Begriff “Motorradfahrer” ist für mich in der ganzen Zeit auf eine gewisse Weise identitätsstiftend gewesen. Aber das geht auch wieder vorbei.

Klar, statt in der Garage herumzustehen, wird sie nun bald von irgendjemand anderem gefahren werden, was der Ökobilanz meiner Verkaufsentscheidung einen gewissen Dämpfer verpasst, aber auf der anderen Seite hätte sich die Person, die meine Maschine kaufen wird, ja ohnehin ein Motorrad gekauft, also warum dann nicht meins? Nur aus ökologischen Gründen kann ich die Karre ja schlecht einschmelzen lassen.

Außerdem habe ich das Geld aus dem Verkauf direkt dazu verwendet, mir ein Vanmoof Electrified S3 zu bestellen. Ich brauche nicht zwingend ein Pedelec, aber es gab immer wieder mal Situationen, in denen ich manche Strecken mit dem Auto zurückgelegt habe, weil sie mir mit dem Rad dann doch zu weit, zu unbequem oder zu hügelig gewesen wären. Manchmal war ich auch einfach nur zu faul. Jetzt habe ich ein umweltschädliches Verkehrsmittel weniger und (bald) ein umweltfreundliches mehr.

Und zu guter Letzt: Ich bin mit dem Motorrad insgesamt ca. 16.000 Kilometer gefahren. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von etwa 2,2 Tonnen. Die habe ich bei Atmosfair eingegeben und mit einer Zahlung von 50 Euro kompensiert. 

7. Juli 2020 – nachmittags

Ich hatte heute gleich zwei so gute Ideen, die muss ich aufschreiben, falls ich mal wieder an mir zweifle.

Also erstens: Weil die neue Katze eher auf die Stimme meiner Tochter hört, als auf meine eigene, habe ich meine Tochter einfach ein paar Mal die Katze rufen lassen und das ganze per Sprachmemo auf meinem iPhone aufgenommen. Wenn die Katze also mal nicht kommt, spiele ich einfach das Sprachmemo ab: Katze kommt.

Und zweitens: Ich habe ein Mousepad mit Handgelenkauflage. Die sind, wenn man sie frisch aus der Packung nimmt, mit einem Belag versehen, der das Rutschen auf dem Schreibtisch verhindert. Dummerweise habe ich das Pad ein paar Mal zwischen Homeoffice- und Privatrechner gewechselt, so dass sich darunter Staub gesammelt hat. Also rutschte es wieder. Blöd.

ABER! (Jetzt muss man sich so eine leuchtende Glühbirne über meinem Kopf vorstellen.) Ich habe ja noch mein altes Spray, mit dem man Tischtennisschläger-Beläge säubert und so wieder mit Grip versieht. Das macht nichts anderes, als Staub von Gummi zu entfernen.  Also Pad unterwärts eingesprüht, mit dem ebenfalls aus alten Zeiten noch vorhandenen Reinigungsschwamm abgewischt: Zack, rutscht nicht mehr.

6. Juli 2020 – abends

Wir haben eine neue Katze. Also nicht nur neu im Sinne von neu bei uns aufgenommen, sondern die ist tatsächlich erst 10 Wochen alt, also auch im wörtlichen Sinne neu wie kaum gebraucht.

Am ersten Tag konnte man daher die gesamte Familie bäuchlings auf dem Boden liegend beobachten, weil die Katze sich erwartungsgemäß erstmal unterm Sofa verkrochen hat und da auch über Stunden nicht rauskam.

Dann traute sie sich aber doch, machte ihre ersten Schritte durchs Wohnzimmer und war kurz darauf wieder unterm Sofa verschwunden. Heute hingegen hat sie bereits zwei Lücken in der Küchenzeile entdeckt, kroch direkt hinein und ließ sich erst durch Demontage der Frontblende wieder befreien, die Lücken habe ich vorerst mit Kartons und einer alten Isomatte verstopft.

Unser Kater fand den Neuzugang nicht ganz so witzig. Knurrend und fauchend kommentierte er die neue Mitbewohnerin, zog sich erstmal zurück, scheint sich so langsam aber an den Gedanken zu gewöhnen, sein Revier nicht mehr vollständig für sich zu haben. Man konnte ihm zwischendurch seine Gedanken regelrecht im Gesicht ablesen.  Von “Da ist eine andere Katze, seht ihr das denn nicht?!?” bis “Ihr habt ja wohl den Arsch offen” war alles dabei. Naja, er wird sich schon dran gewöhnen.

Ansonsten macht die Neue soweit alles richtig. Geht aufs Klo, verbuddelt alles ordentlich, spielt, frisst, hängt sich an den Kratzbaum, springt mittlerweile sogar aufs Sofa drauf, lässt sich streicheln und schnurrt dabei wie ein Rasenmäher.