Handwerker, im Speziellen: Dachdecker

Gestern war der Fensterputzer Gebäudereiniger da, und ich bin bei Handwerkern ja immer nachhaltig beeindruckt, wenn die ihr – nun ja – Handwerk verstehen. Für alle Fenster, von Keller bis Dachgeschoss hat er keine 30 Minuten gebraucht, das ist etwa die Zeit, die ich für ein einzelnes benötige, ganz davon abgesehen, dass man an ein ganz bestimmtes Fenster bei uns nur von den jeweils danebenliegenden Fenstern rankommt, bzw. von uns beiden niemand, weder meine Frau noch ich.

Noch mehr gestaunt habe ich allerdings, als neulich die Dachdecker unser Dach saniert haben. Die Leute meckern ja immer über Handwerker, und ich glaube, das liegt oft daran, dass man als Mieter oft gar keine Wahl hat, sich den jeweiligen Handwerksbetrieb auszusuchen, der einem sympathisch ist. Da bucht die Hausverwaltung im Zweifel den günstigsten Anbieter, und der ist dann entsprechend unfreundlich, unpünktlich oder nicht besonders zuverlässig, weil ist ja egal, Mieter beschweren sich darüber eh meistens nicht, und der Handwerker bekommt sein Geld trotzdem.

Meine Frau und ich beauftragen Handwerker in der Regel komplett nach Bauchgefühl und haben damit bisher ausschließlich positive Erfahrungen gemacht. Ich weiß auch immer gar nicht, warum man sich jedesmal drei Angebote einholen soll, ich habe davon doch eh keine Ahnung, was soll ich denn da außer dem Preis vergleichen? Entweder vertraue ich dem Unternehmen (zum Beispiel durch gute Erfahrungen im Freundeskreis) oder eben nicht. Und so haben wir es auch diesmal gemacht.

Nachdem wir vor etwa einem halben Jahr das Angebot des uns empfohlenen Dachdeckers eingeholt hatten, der zuvor auch schon unkompliziert und unserer Meinung nach fachmännisch unsere Garage abgedichtet hatte, haben wir mit der Finanzierung soweit alles geregelt und erstmal grob “irgendwas zwischen April und Juni” angepeilt.

Mit dem relativ jungen Dachdeckermeister habe ich schon im Vorfeld nur per WhatsApp kommuniziert, und der meldete sich irgendwann mit einer Sprachnachricht (der Geräuschkulisse nach zu urteilen direkt von irgendeinem Dach) und teilte mir mit, dass er “morgen schon mal etwas Gerüst aufbauen wollte”. Gesagt getan, am nächsten Tag fuhren zwei Transporter vor, und plötzlich hüpften hier drei junge Männer an unserer Hauswand hoch, wirbelten irgendwelche Metallteile um sich, und drei Stunden später war das Haus fast vollständig eingerüstet.

Wahnsinn. Ich kriege ja schon Höhenangst, wenn der Teppichboden etwas dicker ist. Na gut, ich übertreibe, aber mehr als vier bis fünf Stufen auf ‘ner Leiter dürfen es wirklich nicht sein.

Als dann ein paar Tage später die eigentliche Dachsanierung losging, fürchtete ich, dass über mir die Decke einstürzen würde, aber das muss wohl so. Eine Zeit lang sah man nur alte Ziegel von oben auf die Ladefläche eines dafür bereitgestellten LKW fliegen, dann wackelte immer mal die Zimmerdecke, im Hintergrund lief WDR4, abends klingelte es und es hieß: “So, die Ziegel sind runter, Dämmung ist schon drauf, grundsätzlich ist das Dach schon wieder dicht.” Wir dachten schon, wir würden jetzt erstmal ein paar Nächte komplett ohne Dach verbringen müssen.

Das war schon sehr beeindruckend, total begeistert war ich aber, als wir dann abends den gedämmten Dachboden betraten. Nachdem es dort über Jahre tagsüber entweder brüllend heiß oder sibirisch kalt war, herrschte dort zum ersten Mal so etwas wie ein Raumklima. Gekauft hatten wir das Haus damals mit “Ausbaureserve auf dem Dachboden”, soll also heißen: Man guckte auf die nackten Dachpfannen.

Ich weiß noch, wie der Makler damals meinte: “Frankfurter Pfanne, die hält locker nochmal 10 bis 15 Jahre”. Naja, was Makler so erzählen, Bullshit eben. Die Dachziegel hielten wohl, froren aber regelmäßig ein, worauf dann das Tauwasser irgendwann auf die Geschossdecke tropfte. Ich möchte gar nicht wissen, was wir an Heizkosten jeden Winter durchs Dach gejagt haben. Wenigstens die Sparren waren noch in Ordnung, immerhin.

Jetzt aber: Raumklima, und außerdem hörte man selbst in der darunterliegenden Etage den Straßenlärm kaum noch. Geil.

Die Dachdecker kamen mal vormittags, mal nachmittags – je nach Wetterlage und Fortschritt auf anderen Baustellen – und waren mit Feiertagsunterbrechungen etwa 10 Tage netto da, so genau weiß ich das schon gar nicht mehr. Zwischendurch tropfte es nach einem unvorhergesehenen Regenschauer nochmal etwas ins nagelneue Velux-Fenster, aber das wurde umgehend behoben.

Zwischendurch sind wir immer mal auf einen nahegelegenen Berg / Hügel gegangen und haben uns mit dem Fernglas angesehen, wie unser Dach mittlerweile aussieht.

Ich war jedenfalls ziemlich erstaunt, womit sich Dachdecker alles auskennen müssen. Gerüstbau, Zimmerei, Klempnerarbeiten (Regenfallrohre), Verschalung und Verkleidung des Schornsteins, Eindecken des Dachs, Windsogberechnung, Dämmwertberechnung und und und. Macht man sich ja normalerweise gar keine Gedanken drüber. Umso krasser fand ich, dass da jemand mit geschätzt Anfang bis Mitte dreißig so einen Betrieb leitet, immer freundlich ist und dabei absolute Ruhe und Kompetenz ausstrahlt.

Am letzten Tag (Gerüstabbau) brachten sie uns dann noch eine Mappe mit ausgedruckten Fotos vorbei, damit wir uns nochmal angucken konnten, wie das Dach (bzw. nur das Gerippe davon) zwischendurch ausgesehen hat und wie die Arbeiten so vorangeschritten sind. Die Rechnung entsprach dann zum Schluß auch noch genau dem Angebot.

Falls also jemand mal im Weserbergland einen Dachdeckerbetrieb sucht: Ich kann einen empfehlen und kriege auch nichts dafür.

Ein Gedanke zu “Handwerker, im Speziellen: Dachdecker

  1. Als Handwerker-Sohn konnte ich die ewige Meckerei ja nie nachvollziehen, eben auch, weil ich immer wusste, dass da wirklich immer bestmöglich abgeliefert wurde. Zumindest wurde früh vermittelt, dass das immer das Ziel sein muss.

    Und was Dächer angeht hab ich grad auch so einiges hinter mir. Flachdach, Haus von 1923, Denkmalschutz und plötzlich Sturzbäche in der Bude. Dank ner Schicht Teer im Dach alles Sondermüll und lauter Betriebe, die da keinen Bock drauf hatten. Habne dann zum Glück einen gekriegt, der uns zwar irgendwie zwischen andere Baustellen quetschen musste. Aber wenn wir dann mal wieder dran waren, wurde auch malocht solange Sonnenlicht da war. Keine Schweißausbrüche zu kriegen, wenn man ne Wolke sieht, ist echt Lebensqualität.

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